Magazin PdS

Editorial

Neue PdS ...

Sie sehen hierdie letzte Preview-Version der neuen PdS. Die meisten Funktionen sind inzwischen verfügbar – ein Eindruck über die Struktur und den Aufbau der neuen Seite ist also möglich. Und – die Datenbanken der Web-PdS und der Printversion sind bereits voll funktionsfähig …

Nach der Würdigung der wunderbaren Printversion durch die unlängst erschienene Jubiläumsausgabe im alten Format, hier also die neu entwickelte „Praxis der Systemaufstellung“ im Internet. Printversionen der PdS sind für die nahe Zukunft nicht geplant. Die PdS ist mit der großzügigen Unterstützung der DGfS damit nunmehr vollständig ins Internet umgezogen und in eine neue Phase ihrer Entwicklung eingetreten.

Die neue Webseite ist übersichtlich in vier Bereiche strukturiert:

Magazin PdS
Dies ist die redaktionell begleitete digitale Version der „Praxis der Systemaufstellung“, wie Sie sie kennen. Texte, Videos und Audios zu wichtigen Themen der Aufstellungsarbeit und benachbarter Bereiche werden hier von Autorinnen und Autoren selbstständig erstellt oder von der Redaktion bei der Erstellung betreut, ausgesucht und dann veröffentlicht. Interessante Beiträge an anderer Stelle werden in einer Linkbox zur Verfügung gestellt.

Datenbank PdS
Dies ist das bereits bekannte Archiv der alten Printausgabe. D e r Wissens-Steinbruch für alle Aufstellenden. Eine Sammlung hervorragender und meist noch immer aktueller Fachtexte, geschrieben von der ersten und der zweiten Generation der Aufstellerinnen und Aufsteller. Aus technischen Gründen noch ohne Volltextsuche. Ein digitalisiertes Archiv der Bände des Themenbuches der PdS muss noch aufgebaut werden.

Archiv der Printausgabe
Dies ist das bereits bekannte Archiv der alten Printausgabe. D e r Wissens-Steinbruch für alle Aufstellenden. Eine Sammlung hervorragender und meist noch immer aktueller Fachtexte, geschrieben von der ersten und der zweiten Generation der Aufstellerinnen und Aufsteller. Aus technischen Gründen noch ohne Volltextsuche. Ein digitalisiertes Archiv der Bände des Themenbuches der PdS muss noch aufgebaut werden.

FORUM interaktiv
Hier öffnen wir einen neuen Bereich innerhalb der Bibliothek, die die PdS ja auch ist – das Konferenzzentrum: ein Ort, an dem Video-Live-Konferenzen, Podiumsdiskussionen, der offene Lesekreis und auch erweiterte Redaktionstreffen stattfinden werden. Weitere Nutzungen sind vorstellbar. So können sich hier Arbeitsgruppen treffen und auch ihre Dokumente und Texte in einem geschützten Bereich lagern. Letzteres ist allerdings noch Zukunftsmusik.

 
 
 
 

Pläne für die Zukunft der PdS

Aufstellen ist und war seit jeher eine komplexe, vielschichtige Angelegenheit. Nicht nur praktische, sondern auch theoretische, philosophische und politische Fragen standen von Anfang an im Fokus der Menschen, die in der Aufstellungsarbeit engagiert waren. Sie haben darüber bereits in der alten Print-PdS nachgedacht und geschrieben, und sie waren sich dieser Komplexität meist sehr bewusst. Es gibt nur wenige Aspekte dieser so faszinierenden Methode, die nicht bereits in dieser Phase der Verbreitung der Aufstellungsarbeit bearbeitet und durchdacht wurden. Die Redaktionen der Internet-PdS und des Themenbuchs der vergangenen fünf Jahre haben diese Arbeit denn auch im Bewusstsein dieses Umstands weitergeführt. Durch die gewachsene Anzahl der Aufstellenden, ihre zunehmende Unterschiedlichkeit und die jetzt erreichte enorme Vervielfältigung der Anwendungsgebiete hat diese Komplexität zwischenzeitlich weiter zugenommen.

Was wir mit der neuen PdS im Internet umsetzen wollen, ist ein hoffentlich möglichst klug geordneter, vollständiger und leicht verfügbarer Zugang zur Wissensbasis der Aufstellenden in der DGfS und darüber hinaus. Diese Wissensbasis ist in den letzten 25 Jahren, seit Bestehen der IAG, der DGfS und der PdS, bis zum heutigen Tag von zahlreichen Autorinnen und Autoren erarbeitet worden. Damit dieser „Schatz“ auch in Zukunft für Interessierte zugänglich ist, muss als Erstes das lediglich als optische Kopie (PDF) vorliegende Archiv der alten Print-PdS digitalisiert werden, um auch dort eine Volltextsuche möglich zu machen und die Themenbücher müssen ebenfalls digital verfügbar gemacht werden.Wie diese umfangreiche und zeitintensive Arbeit technisch und personell geleistet werden kann, gilt es noch zu klären. Vielleicht werden schon in absehbarer Zeit neue KI-basierte Programme bei dieser Arbeit helfen können?

Wir brauchen in den kommenden Jahren eine belastbare und möglichst vollständig erschlossene Wissensbasis, auf der wir sicher stehend neue und alte Themen betrachten und weiterbringen können. Wissen, das bereits besteht, muss nicht noch einmal mühsam erarbeitet und gefunden werden. Fragen, die bereits einige gute Antworten erhalten haben, können im Wissen um die bereits gefundenen Antworten ein Stück weitergetrieben werden. Mit der neuen Webseite  sind die ersten Anfänge dafür nun  getan.

Noch ein Wort zur Redaktion. Sie besteht aktuell nur aus einer Person. Dies begreife ich als Chance neue Formen der redaktionellen Mitarbeit zu erproben. Alleine lassen sich die anstehenden Aufgaben nicht erfüllen. Es braucht Unterstützung und Mitarbeit in den verschiedenen Bereichen. Inhaltlicher Austausch mit Autorinnen und Autoren über Themen und Texte, Unterstützung beim Korrekturlesen und bei der Übertragung der Texte, Videos und Audios in die Datenbank der Seite. Aber auch die redaktionelle Ausrichtung und Diskussion kann mit Hilfe der Konferenzschaltungen einen größeren Kreis von interessierten Kolleginnen und Kollegen zusammenbringen. Dazu werde ich alsbald auch einladen. Kurz gesagt: Wer Interesse hat, am sich weiterentwickelnden Projekt PdS mit zu arbeiten, ist herzlich willkommen! Zögert nicht, Euch mit mir in Verbindung zu setzen. Kontakt

Wir wünschen einstweilen viel Freude und Erfolg bei der Nutzung der PdS!

Olivier Netter
(Redaktion)

Arne Strohbach
(Webdesigner)

Daphne Georgiadis
(Gestalterin)

In die Welt hinaus geschaut

 Die gestundete Zeit

Es kommen härtere Tage.
Die auf Widerruf gestundete Zeit
wird sichtbar am Horizont.
Bald mußt du den Schuh schnüren
und die Hunde zurückjagen in die Marschhöfe.
Denn die Eingeweide der Fische
sind kalt geworden im Wind.
Ärmlich brennt das Licht der Lupinen.
Dein Blick spurt im Nebel:
die auf Widerruf gestundete Zeit
wird sichtbar am Horizont.

Es kommen härtere Tage

(Ingeborg Bachmann)

 

 Ein düsteres Gedicht zu Anfang? Lässt sich denn die aktuelle Stimmung in mir und um mich herum anders auf den Punkt bringen? Wo stehen wir gerade als Beobachter und Akteure, als Betroffene und Erstaunte, als Bestürzte und Hoffnungsfrohe und als Aufstellerinnen und Aufsteller in einer Gegenwart vielversprechender, aber vor allem beunruhigender Veränderungen und Ereignisse auf globaler Ebene? Lässt sich das auf nüchtern vernünftige und neutrale Weise einfach so ohne weiteres zur Kenntnis nehmen? Ich jedenfalls spüre – nein. Vieles von dem, was um uns herum geschieht, geht unter die Haut und hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck.

 Verschiedene gesellschaftliche, politische und neuerdings auch religiöse Themen und Konflikte rücken oder drängen ins Bewusstsein. Mir scheint, wir werden im Ergebnis durch die Verschiebungen in der Welt schon seit längerem zu etwas genötigt, was wir so als Gesellschaft (noch) nicht besonders gut können: Klar und eindeutig Stellung beziehen und damit die eigenen Werte schützen und deutlich machen! Was hat das aber, gesetzt der Fall, dies wäre eine zutreffende Aussage mit  uns als Aufstellende zu tun?

Jede Methode, also auch unsere, enthält in ihrer internen Organisation und Form auch eine implizite Qualität und Botschaft. Sie atmet in gewisser Weise einen bestimmten Geist der spürbar ist für die, die die Methode benutzen und daran teilhaben. Sind wir uns heute dessen im Detail bewusst? Als Stellvertreterinnen und Stellvertreter, als Leiter und Leiterinnen sind wir bereit, uns für alles zu öffnen, was an dieser Stelle wahrzunehmen ist. Unsere gesellschaftliche kulturelle und individuelle Freiheit oder Unfreiheit, neue Tabus, Verbote, unsere innere mentale Unklarheit oder Klarheit als Verband und als Einzelne haben deshalb mit dem Stuhlkreis unserer Seminare und Intervisionsgruppen mehr zu tun, als wir bislang wussten.  

Erinnern wir uns: Das gleiche galt, wenn auch unter ganz anderen Vorzeichen, im hohen Maß für die ersten Anfänge der Aufstellungsarbeit. Öffentliche Kontroversen auszulösen und mutig durchzustehen war einmal das Markenzeichen der Aufstellungsarbeit. Gerade die sperrige, beharrende, scheinbar völlig in sich selbst verankerte Persönlichkeit Hellingers öffnete im Rückblick den Raum und das Feld für viele ganz neue aber auch unliebsame Erkenntnisse. Viele Kernaussagen, Erkenntnisse und Techniken der ersten Jahre waren für viele Beobachter ein Ärgernis und wurden bekämpft, für viele waren sie aber auch ganz zu Recht Offenbarungen. Auch die dazu nötigen Mittel, Aufstellung und Stellvertretung, um nur zwei zu nennen, waren neu und ungewohnt. Von Mainstream und Anschlussfähigkeit war für diese Mittel und die durch sie gewonnenen Einsichten keine Rede. Für Hellinger war seine Rolle dabei aber persönlich alles andere als einfach – wie wir heute wissen.

 Die gerade auch in in unserer gewachsenen europäischen Kultur verankerte Freiheit und Wahrheit ist in der sich entfaltenden Dynamik einer Aufstellung, in den Herzen der Teilnehmenden die Bedingung der Möglichkeit für das Aufstellen überhaupt. Menschlichkeit und Anteilnahme frei von religiösen Dogmen und staatlichen Verboten müssen darauf folgen, soll das Ganze einen Sinn haben. Wie soll sich durch eine Aufstellung denn mehr zeigen können, als das, was sowieso schon bekannt und akzeptiert ist, wenn die Beteiligten innerlich und äußerlich nicht befähigt oder bereit sind, sich falls nötig, von der Übereinstimmung mit der Umgebung oder einem Dogma, zu lösen? Der handliche Begriff Phänomenologie und alles, was damit einhergeht, verdeckt an dieser Stelle das eigentliche Problem, nämlich die Nötigung, sprich: den Mut haben zu müssen, der nötig ist, sich auch gegen diese Nötigung zur Übereinstimmung  oder  Unterwerfung, nur der inneren Wahrheit des Momentes zu verpflichten. Wo und wie kann solcher Mut entstehen, wenn nicht auch in einer Stellvertretung oder einer Leitung, aber ist er aktuell wirklich willkommen?

 Nicht nur die Welt um uns herum hat sich verändert. Auch unsere Methode ist vielfach spontan, ungeplant und unerwartet in die verschiedensten Bereiche vorgedrungen und hat dabei selbst unterschiedlichste Veränderungen erfahren, die auch gesellschaftliche und kulturelle Wandlungen spiegeln. Diese kulturellen Wandlungen sind meist kreative Wege der aktiven Adaptation an neue Verhältnisse oder sie reagieren auch passiv auf äusseren Druck.. Ob diese oder jene Adaptation hilfreich, illusionär oder unter dem Eindruck potentiell traumatisierender Energien nur ausweicht, ist zunächst gar nicht klar. Mir geht es darum fest zu stellen: Was neu ist, ist nicht aus sich heraus gut.

 Einerseits ist aber viel Neues entstanden, andererseits ist vieles in den Hintergrund getreten oder wie von selbst verschwunden, was an sich zum Kernbestand des Aufstellens gehört hat. Das lässt sich in der Abfolge der Artikel und Beiträge der letzten Jahre klar nachvollziehen. Gesellschaftliche, kulturelle und technische Entwicklungen haben daran wie gesagt einen großen Anteil. Aufstellerinnen und Aufsteller sind wie alle anderen auch nur Kinder ihrer Zeit und bringen sich mit „ihren“ gewandelten Auffassungen als Vermittler der neuen Gegenwart in diesem besonderen Hier und Jetzt ganz selbstbewusst ein. So weit, so gut.

Um es nochmals zugespitzt zu formulieren: Wie viel Illusion und naiver Optimismus, wie viel reale Ohnmacht und persönliche Kapitulation vor wahrnehmbaren machtvollen  Entwicklungen im öffentliche Raum, wieviel halb bewusste Ängste und Befürchtungen vor Ausschluss und Verurteilung müssen im Aufstellen in dieser Zeit mutig zur Seite geschoben oder ängstlich gehorsam in die Methode integriert werden? Welcher innere oder äußere Druck lastet in dieser Hinsicht auf jeder Aufstellerin und jedem Aufsteller?

 Andererseits: Unerwarteten Ressourcen und mächtige Verbündete sind uns allen auch zugewachsen! Geteilte Überzeugungen unter Kollegen und Kolleginnen, Feinfühligkeit, Kooperation, Kollaboration, Pluralität, Wertebezogenheit und guter Wille auch auf internationaler Ebene. Sie können oft schon aufwiegen, was an absurden, zum Teil auch inhumanen Systemen der Manipulation und Unterdrückung auf technischer, politischer und religiöser Ebene ganz nah und auch ganz fern, entstanden oder einfach nur in unser Bewusstsein und unseren Horizont gerückt ist.

 Der Wandel gehört dazu. Warum also nicht jetzt und in Zukunft grundsätzliche Dinge festhalten, die für uns unerlässlich zum systemischen Aufstellen dazugehören? Neben der allgemeinen uns zu Recht so wichtigen Erlaubnis untereinander fast alles zu tun und zu lassen, was immer uns beliebt, gibt es doch auch einen Grundbestand, zentrale Überzeugungen und Werte, an denen wir, aus gutem, noch zu benennendem Grund, hängen und auf die wir, jeder und jede auf ihre Weise, bestehen. Differenzen im kollegialen Umfeld zu diskutieren ist das Eine – schwierige, problematische gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen erkennen und darauf reagieren, das Andere.

 Das Kräfteverhältnis zwischen der sich entwickelnden, zum Teil sehr unerfreulichen Realität vor unseren Augen und uns als Beobachterinnen und Beobachter, um nicht zu sagen Stellvertretern ist ein sehr unausgewogenes! Und doch müssen wir klug darauf reagieren, wollen wir uns persönlich und menschlich weiterentwickeln ohne innerlich zu kapitulieren oder uns zu verstricken und aufzureiben. Schauen wir also unbestechlich wie ein Stellvertreter oder eine Stellvertreterin oder auch wie ein Leitender auf diese Welt. Illusionen, Denkverbote, Beschönigungen, praktizierte Uninformiertheit, Unwissenheit und der vorauseilende Verzicht auf das, was uns wichtig ist, sind keine Lösung. Im Gegenteil. Diese lösen unsere Methode, lösen das wissende Feld von Innen auf.

 Mir  geht es darum, uns alle darin zu bestärken, aus einem ganz eigenen unbestechlichen Blickwinkel, dem der systemischen Aufstellungen, auf die Themen in der Arbeit mit Klienten, Kolleginnen und Kollegen aber auch auf die uns umgebende Kultur und Gesellschaft zu schauen. Dazu gehören die zentralen Einsichten über Transgenerationalität, Stellvertretungsdynamik, Ausgleich, Ordnungen, die Schichten des Gewissen und vieles mehr. Um dabei nicht die Anfänge zu wiederholen, gehört dazu vielleicht auch, die ganz bewusste Entscheidung,  zunächst und vor allem einen eigenen inneren Raum der Ruhe und Zuversicht, unser inneres Feld der Offenheit und Wahrheit in uns selbst zu schaffen, den wir zum Schauen brauchen. Vielleicht ist das sowieso die jetzt anstehende Aufgabe in den kommenden Jahren? Es läge dann an uns, diese Aufgabe in Freiheit auch zu nehmen …

In diesem Sinn wünsche ich schöne Erkenntnisse, Freude, Mut und ein „breites Kreuz“.

O.N.